SDX Privatbilanz für Windows 8: Dokumente teilen mit Charm(s)

5. Dezember 2012

Im letzten Beitrag bin ich darauf eingegangen, wie File Picker dazu verwendet werden können, um Dateien in einer App nicht nur aus dem Dateisystem, sondern auch aus anderen Apps heraus zu laden bzw. darin zu speichern.

Dies ist nur eine Möglichkeit der Interaktion zwischen Apps. Wie sich Apps darüber hinaus in das Windows 8-Ökosystem integrieren können, wird in den nachfolgenden Beiträgen anhand der Privatbilanz Business-App gezeigt.

 

Die Charms Bar

Ein neues Bedienkonzept von Windows 8 ist die sogenannte Charms Bar. Dabei handelt es sich um eine Art Menüleiste, die durch eine Wischgeste vom rechten Bildschirmrand bzw. über die Eckenbedienung mit der Maus oder ein Tastaturkürzel (WINKEY+C) eingeblendet werden kann:

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Auf dieser Leiste am rechten Bildschirmrand stehen dem Benutzer mehrere Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Ziel von Microsoft ist es, über die Charms Bar Funktionalitäten anzubieten, die von vielen Apps typischerweise bereitgestellt werden. So implementiert eine Großzahl von Apps eine Suche und stellt Daten bereit, die für andere Apps interessant sein können. Auch Einstellungen sind in praktisch jeder App möglich. Anstatt dass jede App diese Funktionalitäten in ihrer eigenen UI darstellt, sollen diese bei Windows 8 über die Charms Bar vereinheitlicht werden, so dass die eigentliche App-UI von diesen Aspekten befreit wird (“Content before Chrome”) und Benutzer eine konsistente Bedienung über alle Windows 8-Apps hinweg erhalten.

Dieses Bedienkonzept ist nicht ohne Risiko. Gerade beim Umstieg auf Windows 8 werden Benutzer ihre Probleme haben, diese Funktionalität zu entdecken. Zum einen werden sie die Charms Bar noch nicht kennen und das System dahinter nicht verstehen, zum anderen sind sie es von “normalen” Applikationen und von anderen Tablet-Betriebssystemen gewöhnt, dass alle Aktionen direkt in der UI einer Anwendung abgebildet werden. Dies ist bei der Charms Bar nicht der Fall, die Bestandteil von Windows ist und damit außerhalb der UI einer App steht. Das Kalkül von Microsoft ist es, dass Benutzer diese Charms Bar mit der Zeit als normalen Bestandteil einer App ansehen werden, über die zusätzliche Funktionalität aufgerufen werden kann. Nach eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dies bei mir zumindest der Fall war. Am Anfang habe ich die Charms Bar nicht beachtet, mittlerweile öffne ich sie allerdings intuitiv, wenn ich eine der Aktionen mit der App ausführen möchte.

Die Charms Bar stellt die folgende Funktionalität bereit:

  • Suchen (Search Charm): Kann vom Benutzer verwendet werden, um Informationen/Daten in einer App bzw. übergreifend in Windows zu suchen.
  • Teilen (Share Charm): Erlaubt dem Benutzer einer App, Daten mit anderen Apps zu teilen. Dabei ist es dem Entwickler überlassen zu bestimmen, welche Daten geteilt werden.
  • Geräte (Devices Charm): Kann verwendet werden, um z.B. Druckfunktionalität aus einer App heraus anzubieten.
  • Einstellungen (Settings Charm): Ermöglicht es, Einstellungen einer App zu ändern. Ebenso können hierüber Windows-Einstellungen angepasst werden.
  • Start: Führt zum Windows-Startbildschirm (äquivalent der Windows-Taste bzw. dem Windows-Hardware-Button auf zertifizierten Windows 8-Geräten).

Teilen von Dokumenten

Normalerweise wird die Charms Bar manuell von einem Benutzer geöffnet. Will ein Benutzer z.B. Daten aus der aktuell geöffneten Ansicht einer App mit anderen Apps teilen, so öffnet er die Charms Bar und wählt den Share Charm. Welche Daten in welcher Form geteilt werden, muss der Entwickler der App bestimmen. Dieser Form des Teilens wird sich der nächste Beitrag im Kontext der Privatbilanz-App widmen.

Es ist allerdings auch möglich, den Share Charm aus der App heraus zu öffnen. In der Privatbilanz-App ist das beim Teilen von Bilanzposten-Dokumenten der Fall. Drückt der Benutzer den Teilen-Button an einem Dokument, so öffnet sich der Share Charm und es wird eine Liste von Apps angezeigt, die das Dokument entgegen nehmen können:

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Welche Apps hier angezeigt werden ist abhängig vom Typ der zu teilenden Daten. Bei Dokumenten haben Entwickler die Möglichkeit, Bitmap oder StorageItems als Typ anzugeben. Eine App kann sich in ihrem Manifest auf diese Data formats registrieren und wird dann in der Liste angezeigt, wenn Daten in diesen Formaten geteilt werden sollen. Häufig verwendete Apps zum Teilen stehen dabei in der Liste oben, zudem kann ein Benutzer in den PC-Einstellungen festlegen, welche und wie viele Apps in der Liste angezeigt werden sollen.

Wählt ein Benutzer zum Teilen eines Dokuments z.B. die Mail-App, so wird diese in einer speziellen überlappenden Ansicht angezeigt, in der er das Dokument als Anhang präsentiert bekommt und eine E-Mail damit versenden kann:

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Ein Klick auf den Versenden-Button und das Dokument erreicht den Empfänger per E-Mail:

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Das App-Ökosystem

Neben den File Pickers stellt diese Funktionalität zum Teilen von Daten über den Share Charm eine weitere mächtige Möglichkeit zur Kommunikation von Apps untereinander dar. Natürlich handelt es sich dabei um keine Inter-Prozess-Kommunikation (IPC), wie sie bei Desktop-Anwendungen möglich ist. Es erlaubt Entwicklern aber, über festgelegte Verträge (Contracts) Daten an andere Apps weiterzugeben und von diesen verarbeiten zu lassen. Wie auch bei den File Picker Contracts zum Öffnen und Speichern von Dateien ist es hier so, dass sich Apps in ihrer Funktionalität quasi erweitern und der Benutzer mit der Zeit ein personalisiertes App-Ökosystem aufbaut, in dem Apps miteinander interagieren können. Das bietet in dieser Form kein anderes Tablet-Betriebssystem.

Im Business/LOB

Neben Dateien (Bitmap und StorageItems) stehen noch weitere Formate für Daten zur Verfügung, die standardmäßig mit anderen Apps geteilt werden können. Dazu zählen u.a. Text, Uri und HTML. Weiterhin können Entwickler beliebige eigene Datenformate definieren. Dies macht vor allem in Szenarien Sinn, wo ein Entwickler mehrere Apps hat, die Daten untereinander bereitstellen. Sollen auch Apps von Drittanbietern etwas von den Daten haben, so sollte ein Entwickler die unter schema.org definierten Datenformate verwenden, wodurch andere Apps standardisiert darauf zugreifen können.

Speziell in Business-Szenarien ist allerdings die freie Definition von Datenformaten eine sehr interessante Möglichkeit für den Aufbau eines “firmeninternen App-Ökosystems”. Besitzt ein Unternehmen z.B. mehrere Apps, die mit Kundendaten umgehen, so könnten diese Kundendaten in einem individuellen Datenformat zwischen den einzelnen Apps ausgetauscht werden. Betrachtet man die Privatbilanz, so wäre es möglich, ein Datenformat zu definieren, mit dem Bilanzposten mit einer anderen App zur privaten Finanzplanung ausgetauscht werden können usw.. Wenn Sie in Ihr Business schauen, dann werden Sie mit Sicherheit vielfach Szenarien identifizieren können, wo eine solche Funktionalität Sinn macht und die Möglichkeiten der Integration mehrerer Apps nutzt.

Fazit und Ausblick

Dieser Beitrag hat einen kleinen Einblick in die Charms Bar als neues Bedienkonzept von Windows 8 und Windows Store Apps gegeben. Charms stellen eine Vereinheitlichung von Funktionalität dar, die von vielen Apps typischerweise benötigt wird und Entwickler haben die Möglichkeit, ihre Apps in diese Charms über wohldefinierte Verträge (App Contracts) einzuhängen.

Weiterhin ging der Beitrag grundlegend auf das Teilen von Daten mit anderen Apps ein. Hierbei handelt es sich um eine Möglichkeit der Integration von Apps, die in vielen Szenarien Sinn macht und in seiner Ausprägung ein einzigartiges Merkmal von Windows Store Apps darstellt.