Die zwei Gesichter von Windows 8: Schlechtes Marketing und Unverständnis

17. Mai 2013

Schon wieder: Eine Usability-Studie zu Windows 8. Ergebnis wie erwartet: Metro ist neu und in Teilen nicht tauglich für den Desktop, dazu kommen die Anwender damit nicht automatisch zurecht, wenn es eben kein Desktop-Mode ist.

 

Das Kommentieren des Ergebnisses kann ich mir auch sparen, das hat Georg schon getan:

“Die Erkenntnis aus der Studie ist allerdings schon länger bekannt: Es gibt ein paar Dinge, die der Benutzer wissen muss, weil sie “neu” sind. Durch die Bank hatten die Tester Probleme, die mit diesem Artikel abgedeckt wären (Klassiker: “Runterfahren” bzw. generell das Konzept der Apps).

Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen, die “Schulung” für den Benutzer ist erfahrungsgemäß (!) in 5 MINUTEN erledigt – da ist das wichtigste gesagt, gezeigt und erlernt. Dann klappt es auch mit der Bedienung wieder.”

http://www.windowsblog.at/post/2013/05/01/Windows-8-Usability-Studie.aspx

Was mich eher irritiert ist das Unverständnis dessen, was die zwei Gesichter eigentlich bedeuten…

 

Man merkt es auch der Studie an: Da werden Leute an den normalen Desktop-Rechner gesetzt um sich mit dem alten und neuen UI auseinanderzusetzen. Und selbst die Autoren finden an diesen zwei Welten nichts befremdliches, sondern denken, das müsse so sein:

“Das Kachel-Design hat einen großen Wiedererkennungswert. Microsoft setzt es nicht nur bei dem neuen Betriebssystem für Desktop-PCs und Laptops ein, sondern auch im mobilen Bereich: Die Bedienung der Windows Phones und Tablets erfolgt ebenfalls über die Kacheln.”

Klingt als wäre Windows 8 das Betriebssystem für Desktops und Laptops. Und auf Phones und Tablets wird das gleiche Design (nicht etwa Betriebssystem!) verwendet.

 

Weiter wird zwar bemerkt, dass das tatsächlich zwei Welten sind:

“Da die klassische Desktop-Ansicht unter Windows 8 weiterhin existiert […] , vereint das neue Betriebssystem nun also zwei verschiedene User Interfaces. Diese unterscheiden sich optisch deutlich voneinander und weisen zum Teil auch andere Funktionalitäten auf.”

Um dann wird zu verallgemeinern und den Desktop zu ignorieren:

“Weiterhin zeichnet sich Windows 8 durch viele große Bilder aus, welche mit wenig Text bzw. Schrift kombiniert werden […]. Alle Programme starten grundsätzlich in der Vollbildansicht.”

 

Und natürlich ist den Probanden – es wurden ausdrücklich Leute gewählt, die Windows 8 noch nicht kannten – der Unterschied zwar „offensichtlich“ (im Wortsinn), aber eben nicht in letzter Konsequenz bewusst:

“Alle Testteilnehmer kritisierten, dass die aus früheren Betriebssystemen von Windows erlernten Funktionen „Fenster minimieren“, „Fenster verkleinern“ und „Fenster schließen“ […] bei Windows 8 nicht mehr angezeigt werden […].”

Wieder die Verallgemeinerung „Windows 8“, wieder die Verkennung der Tatsache, dass es sich um zwei getrennte UIs handelt.

 

Meines Erachtens zeigt die Studie zweierlei Dinge:

Erstens, dass es eben nicht damit getan ist, sich an den Windows 8-Rechner zu setzen und einfach loszulegen. Wie es Georg oben schon gesagt hat, muss man sich mit dem neuen UI zumindest 5 Minuten auseinandersetzen.

Nur: Was bei ihm nach „RTFM!“ klingt (also in der Schuld des Nutzers liegt), kann man aber sehr wohl Microsoft in Rechnung stellen. Wenn man dem Anwender ein neues System gibt – so durchdacht es auch sein mag – muss man ihn mitnehmen. Ein kurzes Video nach der Betriebssystem-Installation ist dafür etwas dünn und auf die Hilfe zu verweisen, die ausgerechnet auf dem Start-Screen nicht funktioniert, hilft auch nicht weiter. Ein klar erkennbares Hilfe-Symbol auf der Startseite, der Startbutton zumindest sichtbar, so dass man ihn anklicken kann (selbst wenn damit auf den Startschirm umgeschaltet wird) – oder meinetwegen die Wiederauferstehung von Karl Klammer – damit hätte man den Anwender an die Hand genommen und ihn in die neue Welt eingeführt.

Zweitens zeigt sich hier meines Erachtens, dass auch die Autoren der Studie selbst nicht wirklich durchschaut haben, was es mit Windows 8 und seinen zwei Gesichtern eigentlich auf sich hat.

Dazu mehr im nächsten Beitrag…